Unser kleiner Insektenfreundlicher Garten

Als wir in unsere Wohnung in der Fürther Südstadt gezogen sind, waren wir erstmal glücklich überhaupt eine Bleibe mit Garten ergattert zu haben. Leider glich der kleine 50qm Garten damals einer Steppe – das einzige was hervorragend wuchs war Minze. Und zwar überall. Aus der braunen Steppe wurde zunächst ein Staudenbeet und eine Fläche mit Rollrasen. Umso mehr wir uns in den folgenden Monaten jedoch mit Insekten und Artenschutz auseinandersetzten, desto größer wurde der Wunsch den Rollrasen gegen einen strukturreichen, bienenfreundlichen Naturgarten zu tauschen. So wurde aus unserer Steppe ein insektenfreundlicher Garten in der Stadt.

Wie wir unseren Garten übernommen haben

Die Bestandsaufnahme sah damals ungefähr so aus: blanke, harte Erde ohne Bewuchs, viel Minze, zwei vermoderte Gartenhäuschen, ein Sandkasten (oder Katzenklo), ein Blauregen der die (denkmalgeschützte) Fassade angriff und ein kaputter Baum. Die Buchenhecke war so breit, dass man auf der anderen Seite kaum mehr ein- und ausparken konnte.

Minze gehört zu den invasiven Pflanzen – das heißt sie verbreitet sich schnell und großflächig wenn ihr der Standort gefällt, daher sollte man sie am besten in einem Gefäß oder einem abgetrennten Kräuterbeet einpflanzen.

Und auch der Blauregen gehört zu den Invasiven Arten. So schön er auch ist und so leid es uns auch getan hat ihn zu entfernen – die Wuchskraft von Blauregen ist enorm. „Er ist ein „Schlinger“, d. h. er hat keine eigenen Haftwurzeln wie Efeu, mit denen er sich an Mauern festhalten kann, sondern windet sich wie eine Riesenwürgeschlange spiralförmig um jegliches Material. Dabei kann er Dachziegel anheben, Regenrinnen einschnüren, Geländer verbiegen oder Rankseile aus der Verankerung lösen. Benötigt wird also ein solide verankertes Rankgerüst, das das Gewicht der Pflanze auch später noch hält. Und „später“ heißt in diesem Fall „bis zu 100 Jahre lang“, denn so alt kann Blauregen werden.“

Bei uns hatte sich der Blauregen um das Balkongeländer und die Träger gewickelt und diese über die Jahre auseinandergedrückt. Auch die Fassade litt unter dem 10m hohen Blauregen. „Wie man sieht kann diese so wunderschön blühende Pflanze zu einem großen Problem werden. In den USA steht der Japanische Blauregen auf der Schwarzen Liste der invasiven Exoten. In einigen Wäldern dort bringen sie Bäume zum Absterben, verschlechtern die Lichtverhältnisse im Wald und sind damit eine Gefahr für die einheimische Flora und Fauna.“

(Quelle: Japanischer Blauregen · Stadtpark Gütersloh | Botanischer Garten Gütersloh | Der Förderkreis (stadtpark-guetersloh.de)

Insgesamt war unser Garten weder besonders nützlich für die Natur, noch schön anzusehen oder gar pflegeleicht. Also haben wir erst einmal angefangen abzubauen. Das Kinderspielzeug, die alten Gartenhäuschen, die kaputte Weide und der Blauregen mussten weichen. Außerdem haben wir uns ein Hochbeet von Max Hochbeete angeschafft und die Terrasse mit neuen Platten ausgestattet. Die letzten beiden Punkte würde ich mit meinem heutigen Wissensstand wahrscheinlich eher mit einer Trockenmauer und Natursteinen lösen, im Großen und Ganzen sind wir mit dem Stilmix aber ganz zufrieden.

So sah unsere Steppe aus, bevor sie ein insektenfreundlicher Garten wurde:

Die Hunde brauchen Rasen!

In die Wohnung eingezogen sind wir mit unserer Welsh Corgi Hündin Lucy, damals 16 Wochen alt. Wir waren der Meinung, dass der Garten ja auch für die Vierbeinerin da ist und diese etwas freie Fläche zum toben und schnüffeln brauchen würde. Dieser, das wissen wir heute, Irrglaube hat und dazu bewogen eine große Fläche unseres Gartens mit einer Rollrasenfläche auszustatten. Rollrasen ist schnell verlegt und direkt lückenlos grün – „klingt doch hervorragend!“, dachten wir damals.

Im Laufe der Zeit hat sich herausgestellt, dass der Rollrasen eine in jeder Hinsicht weniger glorreiche Idee war. Bis Lucy stubenrein und groß genug für längere Gassirunden war, hat sie es innerhalb kürzester Zeit geschafft den Rasen komplett zu ruinieren. Trotz Rohfütterung und dem „nachspülen“ mit Unmengen an Wasser ist der Rollrasen aufgrund des Hundeurins punktuell abgestorben. Bei meinen Eltern übrigens, deren insektenfreundlicher Garten mit Rasen aus Kräutern, Klee, Gänseblümchen und Löwenzahn ausgestattet ist, hat nie eine einzige geschädigte Stelle gehabt – nur unser empfindlicher Golfrasen hat den täglichen Hundeangriff nicht verkraftet.

Seit sie groß genug ist und den Garten als ihr Zuhause ansieht, passieren dort auch keine Unfälle mehr. Erholt hat sich der Rasen trotz Nachsaat nicht, die braunen Stellen blieben. Wer uns kennt weiß, dass wir draußen Zuhause sind und jede Gelegenheit für Spaziergänge und Wanderungen nutzen. Unsere Hunde, es sind mittlerweile zwei, sind körperlich angemessen ausgelastet. Dies führt dazu, dass keine der beiden die Rasenfläche jemals wirklich zum toben benutzt hat. Die Hunde verbringen gerne Zeit im Garten, stromern herum oder liegen auf der Terrasse. Dafür benötigt man aber keine Rasenfläche – daher konnten wir ruhigen Gewissens unsere Pläne umsetzen und aus unserem Grünstreifen wurde endlich ein insektenfreundlicher Garten.

Unser noch nicht ganz insektenfreundlicher Garten 2020:

Das große Makeover mit Lechner Floristik

Mit Unterstützung von unserem Freund Marcus Lechner haben wir im Sommer 2021 unseren Stadtgarten umgestaltet.

Die Idee war mehr Struktur zu schaffen – es sollte viel mehr Platz für insektenfreundliche Pflanzen entstehen, wir wollten unbedingt Trockenmauern und Bäume im Garten. Außerdem hatten wir den Wunsch einen kleinen Tümpel als Insekten- und Vogeltränke zu bauen. Durch den neuen Garten sollte ein kleiner Weg führen, um diesen pflegen und die Insekten beobachten zu können. Natürlich wurde auch eine Nisthilfe für Wildbienen fest eingeplant. Mit einem ungefähren Plan in unseren Köpfen gärtnerten wir im strömenden Regen also einfach drauf los!

Zunächst ging es dem Rollrasen mit einer Fräse an den Kragen. Als dann kein flächiges Grün mehr zu sehen war, konnten wir damit anfangen die große Fläche mit Komposterde zu modellieren und die Trockenmauern aufzubauen.

Bei der Erde haben wir darauf geachtet, dass sie aus der Region kommt und Torffrei ist. Beim Kompost der Firma Mebakomp kann man sogar die Kunststoffsäcke zurückgeben, diese werden dann wiederverwendet.

Warum Torffrei? Weil der Torf ins Moor gehört! „Intakte torfbildende Moore sind rar geworden, seit der Mensch vor Jahrhunderten mit ihrer Entwässerung begonnen hat, um die gewonnenen Flächen land- und forstwirtschaftlich, für den Gartenbau oder zur Torfgewinnung zu nutzen. Mehr als 60 Prozent aller in Europa einst vorhandenen Moore wurden auf diese Weise bereits zerstört. In Niedersachsen, einem der moorreichsten Bundesländer, ist ein Viertel aller Hochmoorflächen dem Torfabbau zum Opfer gefallen.“ … „Wissenschaftler und Naturschützer dagegen sehen die Verwendung von Torf in Blumentöpfen und Gartenbeeten mit Sorge. Sollte der Torfabbau in Deutschland im gleichen Tempo weiter gehen, so warnen sie, dürften die Vorräte spätestens in 50 Jahren erschöpft und eines der artenreichsten Ökosysteme zerstört sein.“ Quelle: NABU

In einen insektenfreundlichen Garten gehört eine Trockenmauer. Und Marcus hat uns dafür extra ungleiche Steine aus Resten zusammengesucht – wir hatten es auf die Steine abgesehen, die meist zurückgegeben werden oder direkt im Fachhandel zurückbleiben, weil sie ungleich oder etwas kaputt und somit schwieriger zu verbauen sind. Für unsere Trockenmauer ideal! Unsere Trockenmauer hält von alleine, wird nur etwas von der Erde gestützt und wird durch die Wurzeln der Pflanzen im laufe der Zeit weiter verfestigt. Die Ritzen der Trockenmauern werden gerne von Wildbienen und anderen Wildtieren wie Eidechsen zum nisten und als Unterschlupf genutzt.

Außerdem zogen drei Obstbäume ein. Wir haben uns für Obstbäume entschieden, weil wir und die Insekten gleichermaßen von Ihnen profitieren – die Wildbienen von den Blüten und wir vom Ertrag. Es gibt eine Vielzahl bienenfreundlicher Bäume, unter anderem gehören diese dazu:

  • Weiden
  • Die Blumen-Esche
  • Spitz-Ahorn
  • Rosskastanie
  • Apfeldorn
  • Robinie
  • Linde
  • und natürlich die Obstbäume

Standort, Bodenbeschaffenheit und unsere Ansprüche sprachen für Apfelbaum, Birne und Pfirsich. Diese drei Bäume durften uns dann dabei helfen, dass aus unserem Grünstreifen ein insektenfreundlicher Garten wurde.

Unser Garten wurde hauptsächlich mit Pflanzen ausgestattet die wenig Wasser benötigen. Um trotzdem kein Wasser zu verschwenden haben wir ein smartes Bewässerungssystem verlegt, welches die Pflanzen früh morgens nur an der Wurzel minimal bewässert. So bleiben die Blätter trocken, es verdunstet wenig und es wird kein Wasser verschwendet.

Stefan hat außerdem einen kleinen Tümpel ausgehoben. Hier sind einige Wasserpflanzen eingezogen, wie z.B. die heimische Brunnenkresse. Eine bienenfreundliche Pflanze die mit Vorliebe schattige, klare, flache Gewässer mit leichter Strömung besiedelt und sich nun bei uns im Garten wohlfühlt. Im Tümpel sind ausreichend Steine auf denen die Insekten zum trinken landen können. Auch Vögel nutzen unseren Mini-Teich sehr gerne zur Abkühlung!

Der Weg wurde mit etwas Sand aufgeschüttet, auf dem wir dann wild rote Klinker verlegt haben. Hier und da haben wir eine Lücke im Weg gelassen und diese mit blühenden Gräsern und Hauswurz bepflanzt. Definitiv ist der Weg eins unserer absoluten Highlights im Garten!

Die Bepflanzung wurde so ausgewählt, dass über die komplette Insektensaison etwas heimisches blüht und Pollen und Nektar zur Verfügung stehen. Unser insektenfreundlicher Garten sollte vor allem Nahrung für die Wildbienen hier in der Stadt bieten! Wir habe nicht komplett auf Neophyten verzichtet, aber darauf geachtet möglichst viele heimische Arten in den Garten einzubringen. Pflanzen wie Fingerhut, Rittersporn, Glockenblumen, Schafgarbe, Gundermann, Katzenminze und Leinkraut sind schon eingezogen und angewachsen.

Auch einige Neophyten haben für uns eine Daseinsberechtigung – Wollziest und Muskateller-Salbei sind zum Beispiel beliebt bei Woll- und Holzbiene. Und auch der Lavendel gefällt ein paar Wildbienenarten und Schmetterlingen. Auch die Hortensie und unsere gefüllten Pfingstrosen müssen nicht weichen. Obwohl diese für Insekten komplett nutzlos sind, sind sie schön fürs Auge und durch die Umgestaltung haben wir nun genug Platz für heimische und nützliche Trachtpflanzen an anderer Stelle.

Wir sammeln nun fleißig Samen und Ideen und werden in der kommenden Pflanzsaison noch einige weitere heimische Arten einbringen. Wir möchten unbedingt Lungenkraut und Huflattich ansiedeln! Und auch Schlüsselblumen, Disteln, Natternkopf und Königskerzen sollen den Weg in unseren Garten finden. Bei der Bepflanzung orientieren wir und größtenteils an unserem Blühkalender für einheimische Pflanzen, den wir zusammen mit Dr. Julia Michely vom NABU Saarland gestaltet haben. Diesen bekommt ihr gratis, wenn ihr euch zu unserer Wildbienenpost anmeldet! So wird jede kleine Oase ein insektenfreundlicher Garten!

Wir haben uns für unseren Stadtgarten für eine Wildbienennisthilfe „BienenZauber“ mit 3 Modulen entschieden. Diese steht auf einer Stele in südlicher Ausrichtung in unserem Staudenbeet und wird von den Wildbienen hervorragend angenommen. Durch das mit Abstand aufgebrachte Vogelschutzgitter aus Edelstahl dürfen sich auch die Vögel gerne weiterhin bei uns im Garten wohlfühlen, denn die Larven der Wildbienen sind so gut vor Ihnen geschützt.

Vorher / Nachher

Hier noch einige aktuelle „Nachher Bilder“ von unserem Stadtgarten. So seht ihr nun unseren Weg von der Übernahme des Gartens im Jahr 2019, Bilder aus 2020 und der Wandlung zum insektenfreundlichen Garten in 2021. Bis alles richtig angewachsen und groß ist und alle Lücken gefüllt sind, wird es noch etwas dauern. Wir halten euch über die Entwicklung, genau wie bei unserem Insektenland im Landkreis Fürth, natürlich auf dem laufenden!

Außerdem möchten wir uns ganz herzlich bei Marcus von Lechner Floristik bedanken. Marcus und Stefan sind schon lange befreundet und wir sind sehr, sehr froh, dass er uns mit seinem riesigen Fachwissen und seinen guten Ideen so tatkräftig unterstützt hat. Ohne Marcus wäre der Garten niemals so wunderschön geworden!

Und Last but not Least: unsere Hunde finden den neuen Garten viel spannender als den alten und scheinen auch den Rasen überhaupt nicht zu vermissen. 🙂